Santiagowallfahrt 2008
Meine Eindrücke von der Santiagowallfahrt in diesem Jahr per Rad von Mansilla de
las Mulas (20 km vor Leon) nach Santiago und wieder weiter bis ans "Ende der
Welt". Den Bericht von der Santiagowallfahrt im Jahr 2007 finden Sie
HIER!
Da ich sehe, dass ich eine Art Bericht für mehrere Freunde schreiben werde,
mache ich eben wieder mal einen Reisebericht, beziehungsweise so etwas wie einen
Reisebericht. Einige Bilder dazu demnächst!
Vorläufig ins Internet gestellt! Wird noch
bearbeitet!
Wie ich schon im letzten Jahr erzählt habe, war das Buch von Kerkeling, das
mir meine Schwester geschenkt hatte, zwar die Anregung für die Wallfahrt, doch
ich habe sie anders gemacht, schon im letzten Jahr und erst recht in diesem.
Kerkelings Kritik an den Pilgerherbergen etwa scheint überzogen, nicht nur ich,
sondern auch andere Pilger finden diese Herbergen nämlich zumeist sehr gut - und
man kommt eigentlich immer in netten Kontakt mit vielen Menschen, wenn man nur
will. So haben wir auch über die Herberge in Roncevalles, gleich am Anfang des
Wegs in den Pyrenäen gesprochen, die Kerkeling so unmöglich fand und die ihn
abgeschreckt hatte von weiteren Herbergen - und gerade die fand nämlich ein
Pilger, der dort war, sehr gut. Allerdings, so schrieb mir meine Freundin M. auf
eine erste Fassung dieses Berichts, es kann ja auch sein, dass die Herbergen vor
sechs Jahren, als Kerkeling seinen Camino gemacht hatte, tatsächlich nicht so
toll waren und dass sein Buch eine Verbesserung bewirkt hatte. Und zu dem
Kontakt mit anderen Menschen: M. berichtet von einem Professor, der überhaupt
keine Lust auf irgendein oberflächliches Gequatsche hatte und daher die
Pilgerherbergen mied. Meine Situation ist da vielleicht eine etwas andere. Ich
bin sehr oft allein und freue mich auf den Kontakt. Und es ist ja auch nicht so,
dass nur ich immer die Leute belabere. Gerade auf dieser Pilgerfahrt habe ich
bisweilen überhaupt nicht von „meinen Themen“ angefangen, und wenn, dann wollten
es die Gesprächspartner von sich aus (etwa ein Engländer über das Menschsein
Jesu, weswegen auch ein Markion in der frühen Kirche Häretiker wurde, wie er mir
erzählte, er hat mein Englisch auch mal verbessert, ich meine, auch das würde er
nicht machen, wenn er sich nicht interessierte) oder aber der englisch-jüdische
Buddhist, auf den ich noch später zu sprechen komme und der ganz ausdrücklich
das Gespräch wollte. Auch darauf, dass ich in solchem Gedankenaustausch geradezu
einen Sinn dieser Wallfahrt sehe, komme ich noch. Einem Professor würde der -
mit wem auch immer - nämlich auch nicht schaden. Er kann ja auch versuchen,
seine Themen auf normale Menschen herunterzuschrauben, zumal er damit rechnen
kann, dass die, die diese Wallfahrt machen, ja an geistigen Themen nicht von
vornherein uninteressiert sind. Und wer solche Gespräche nicht will, der soll
diese Pilgerfahrt m. E. gar nicht erst machen, sondern auf einer einsamen Insel
Urlaub machen. Christlicher Glaube, und um den geht es hier doch, hat nun einmal
auch etwas mit communio zu tun, mit Gemeinschaft, so war das schon immer auf
dieser Wallfahrt, und wer die nicht will, der ist fehl am Platze. Ich jedenfalls
hätte mich noch gern mit der 7-köpfigen Familie aus Brüssel unterhalten oder mit
den vier Groninger Mädchen (siehe weiter unten).
Diesmal also die Santiagopilgerfahrt nicht allein, sondern zu zweit. Irgendwann
vor ein paar Monaten hatte ich Roswitha, eine frühere Schülerin (vor vielleicht
16 oder 17 Jahren), die mit auf der Fahrt nach St. Petersburg war, auch mal in
England und Paris und in der Rhön und mehrmals an der Kanalküste und auch mit
dem chinesischen Professor in den Voralpen, angefragt, ob sie nicht mal mit nach
Santiago wallfahren möchte - per Rad. Und sie, die schließlich auch schon mal
auf einer Fußwallfahrt zu einem anderen Apostel, nämlich dem heiligen Matthias
in Trier, war, wollte. Und es passte auch ein Termin für beide, dass ich sie
Ende August in Bilbao vom Flughafen abholen und nach 17 Tagen wieder hinbringen
konnte. Da sie voller Energie für diese Wallfahrt war und möglichst viel Rad
fahren wollte, wählte ich eine etwas längere Strecke als im vergangenen Jahr,
diesmal also noch inklusive Leon, also ab Mansilla de las Mulas, das 20 km vor
Leon liegt, insgesamt bis Santiago 326 km. (Die Strecke ist vielleicht 50 km
kürzer als die Autostraße, doch deswegen auch bergiger.)
Als Problem schien zunächst die Beschaffung des „Pilgerpasses“, des sogenannten
Credentials, doch war das im Endeffekt doch nicht so schwierig, denn wohl alle
größeren Pilgerherbergen stellen so etwas aus. Roswitha hatte beim Pilgerbüro in
Aachen nur einen für sich bekommen, da die eigene Unterschrift gebraucht wird
(und auch die Ausweisnummer). Immerhin muss man in den spanischen Hotels seinen
normalen Ausweis vorzeigen, dessen Nummer mit dem Namen dann auch aufgeschrieben
wird, und in den Pilgerherbergen gilt eben der Pilgerausweis, er ist also schon
fast ein offizielles Dokument. In San Sebastian und dann in Bilbao versuchte ich
es vergebens, dort kann man ihn nur an ein oder zwei Abenden in der Woche
bekommen, doch in Burgos, das am meistbegangenen „französischen Weg“ liegt,
bekam ich ihn sofort - täglich ab 14 Uhr, wenn also die Pilger für die
Übernachtung ankommen und also Betrieb ist. Durch die Stempel („sellos“), die
man sozusagen überall bekommt, wo man Halt macht oder eben übernachtet, kann man
so nachweisen, dass man auch tatsächlich zu Fuß gegangen oder mit dem Rad
gefahren ist. Natürlich kann man auch pfuschen, doch von den Nichtspaniern macht
das keiner oder nur manche für die besonders langweiligen Strecken oder wenn sie
etwa fuß- oder sonstwie krank sind. Spanier pfuschen dagegen schon eher, denn
sie machen den „camino“ oft nicht so recht freiwillig, denn er soll sozusagen in
den Lebenslauf eines guten Spaniers bei Bewerbungen gehören... Und dann sollen
die Credentials schon mal unter Pennern mit 100 bis 150 Euro gehandelt werden,
denn man bekommt bei seiner Vorlage etwa in allen Pfarrhäusern Unterkunft für
eine Nacht bzw. es wird einem eine besorgt, und das auch noch gratis. Ob das
klappt, müsste man ja mal ausprobieren!
Doch wieder zur Fahrt:
Trotz einiger Pannen, die meiner Pilgergefährtin ganz offensichtlich manchmal
schon etwas auf die Nerven gingen (sie ist so etwas nicht gewöhnt), glaube ich
doch, dass sie schließlich doch auf ihre Kosten gekommen ist, letztlich hat eben
doch alles geklappt. Irgendwie kriege ich eben immer doch alles wieder hin, für
mich sind das ja mehr oder weniger Überraschungsprogrammpunkte, und man kann
sich doch sowieso nicht auf alles vorbereiten...
Das Problem war, dass die Fahrräder, die ich dabei hatte (ich hatte ihr eines
auch mitgebracht und zur Verfügung gestellt, obwohl sie eigentlich ihr eigenes
mitnehmen wollte, doch ich hatte gemeint, sie könnte sich die 60 € für den
Transport sparen, das von mir täte es auch), wirklich nicht sonderlich gut
waren, vor allem waren auch die Reifen abgefahren, was sie sehr störte. Sie
meinte, dass sie darauf immer sehr achtete bei ihrem eigenen Rad. Ja, das war
wirklich ein Fehler von mir - zumal ich für sie zunächst auch ein viel besseres
Fahrrad in Auto geladen hatte, wie ich mir jetzt erst mal richtig ansah, doch
ich hatte das in der Nacht vor der Abfahrt wieder ausgeladen, weil es keine
bekannte Marke war und ich es daher für nicht so gut hielt. Dabei war es
wirklich besser, es stammt von älteren Leuten aus Blatzheim, die nicht mehr Rad
fahren wollen. Allerdings hatten wir alle Räder schon vorher hier in Bias
getestet, sie funktionierten bei den Radtouren, die meine Freunde und ich hier
unternahmen, eigentlich einwandfrei. Und das Herrenrad der „älteren Leute“ war
auch besser als meines von dem Sohn von meinem Nachbarn P., leider hatte bei dem
allerdings Martin den Schlüssel mitgenommen - so dass ich das Schloss hätte
zerstören müssen (was aber auch nichts gemacht hätte, denn Martin hat für das
Porto für den Schlüssel 1,30 € ausgegeben, für 2 € gibt’s bei Gelegenheit bei
Aldi ein neues Schloss...
Los ging die Pannenserie erst mal mit einer Autopanne: Bei einer Passfahrt
zwischen Bilbao und Burgos wurde der Motor sehr heiß, der Druck im Kühlsystem
also sehr hoch - und bei einem Halt tropfte es aus dem Motorraum - in einer
„dreiarmigen“ Kühlschlauchverbindung war in dem „Herzstück“ ein Loch, zwar nur
klein und es tropfte daraus eigentlich nur, wenn der Motor sehr heiß war, also
größerer Druck drauf war, man hätte also auch bei behutsamer Fahrweise eine
Zeitlang immer wieder mal nachgießen können, aber immerhin. Ich fuhr erst mal
einige Werkstätten an (natürlich war das Teil nirgendwo vorhanden), und ich
beratschlagte auch mit ein paar Männern, wie es sich ergab, ob man vielleicht
das Löchlein flicken könnte. Doch dann fand sich am Straßenrand eine
Autoverwertung - und obwohl es schon spät abends war, konnte ich mir aus einem
der beiden vorhandenen Ausschlacht-Passats noch das Teil ausbauen. Wie es sich
herausstellte, handelte es sich bei dem Ausschlachtpassat um ein neueres Modell,
in dem das Teil sogar schon geändert war, offensichtlich betraf also unser
Fehler eine erkannte Schwachstelle.
An einem Seitenweg - vielleicht ein oder zwei km weit von der Autostraße
entfernt - zelteten wir - und am nächsten Morgen war der Motor kalt und mit
einer Wasserrohrzange, dem einzigen Werkzeug, das ich dabei hatte (außer zwei
Schraubenziehern und einigem Fahrradwerkzeug) wechselte ich das teilweise hinter
den Leitungen von der Einspritzpumpe etwas verborgene Teil. Roswitha gab mir
dabei den Tipp, die Enden der Schläuche mit Shampoo glatter zu machen, damit sie
besser über die Stutzen flutschen - und das war bei der ganzen Fummelei, bei der
man nie so richtig zupacken konnte, wirklich ein guter Tipp!
Und dann die Fahrradpannen! Nach etwa 5 Reifenpannen, wovon die meisten ganz
einfach daher rührten, weil die Schläuche zu alt, also brüchig, waren (zum Glück
nicht überall!), einer fehlenden Speiche gleich am Anfang und zu lockeren
Speichen an Roswithas Hinterrad (die Speiche konnte ich noch selbst einbauen,
doch das Nachziehen der Speichen machte in einem Fahrradgeschäft in Burgos eine
sehr nette indianische Ecuadorianerin in Monteurskluft), einem Bremskabelriss
(zum Glück hatte ich ein neues Kabel dabei, darauf war ich also bei den steilen
Bergen vom letzten Jahr her vorbereitet), einem Kettenriss (zum Glück war da im
nächsten Dorf gleich ein Spanier mit dem passenden Schraubstock und Hammer und
Dorn, um nach meiner Anweisung und mit meiner Unterstützung die Kette um ein
(Doppel-)Glied zu verkürzen und dazu die beiden Kettennieten des defekten Stücks
herauszuschlagen und die Niete in die neue Verbindung hineinzuschlagen
(eigentlich gibt es dafür ein kleines Spezialwerkzeug, doch das hatten wir eben
natürlich nicht dabei), kamen wir dann doch gut am Ziel an - und schließlich
auch noch nach der Endrunde über die beiden „Enden der Welt“. Vielleicht war das
Heilankommen mit diesen Fahrrädern das Wunder dieser Pilgerfahrt? Für mich war
es allerdings etwas anderes, Wunder beziehen sich doch nicht auf solche profanen
Dinge!
Na, beim nächsten Mal - und das kommt sicher - wähle ich die besseren Räder,
bzw. nach anderen Gesichtspunkten, ich habe ja noch welche. Und vor allem lasse
ich eventuelle Gefährten ihr eigenes Rad mitbringen und benutzen, wenn sie schon
wollen.... Ach ja, Roswitha hatte wenigstens ihren gewohnten Sattel mitgebracht,
doch der passte natürlich auch nicht, in Astorga musste ich erst einmal eine
passende Sattelstürze kaufen, dabei verplemperten wir auch wieder einen ganzen
Morgen, nicht zuletzt machen die Geschäfte in Spanien immer erst zwischen 10 und
11 Uhr auf...
Ja, was war das Neue diesmal auf dem Pilgerweg? Zunächst einmal, dass ich in
Begleitung war. Ich war also nicht unbedingt immer darauf aus, mit anderen
Pilgern Kontakt aufzunehmen. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Immerhin
habe ich einigen netten Kontakt gehabt, etwa mit einem englischen Juden, der
aber zum Buddhismus übergetreten ist. Er erzählte, dass 20 % aller Buddhisten in
Amerika ehemalige Juden sind. Diese Anziehungkraft des Buddhismus auf Juden ist
für mich eigentlich unverständlich, weil ich das Judentum eher für rational
halte, also in unsere Zeit passend, als den Buddhismus. Doch es kann ja auch
sein, dass die Juden ihr Judentum gar nicht richtig oder es eben nur einseitig
kennen und von den ganzen Riten, die im Laufe der Jahrtausende ins Judentum
eingesickert sind, eher abgeschreckt sind. Immerhin konnte ich ihm („Brian“)
etwas von meiner Sicht der Bibel, die ja eher auf jüdischem Denken aufbaut,
erzählen... Ich hatte den Eindruck, er fand das gut und ist an einem weiteren
Kontakt interessiert. Er fragte mich als Katholiken auch, wie ich es mir
erkläre, dass in England die katholische Kirche gerade auf eher gebildete Leute
so eine Anziehungskraft ausübt. Es ist ja nicht nur der ehemalige Premier Blair,
der zum Katholizismus übergetreten ist, sondern auch andere, erzählte er. Ich
meine ja, es ist die „Ethik“ („gegen Kondome, gegen Abtreibung, für Ehe und
Familie“), auf die zumindest gepocht wird, selbst wenn die Umsetzung in die
Praxis sehr dürftig ist (doch das sehen die Konvertiten ja zunächst nicht). Ich
werde ihm noch die Geschichte von dem ehemaligen marxistischen atheistischen
Journalisten schreiben, der beim Kommunistenblatt (Daily Worker“ oder so)
arbeitete und dem eine Kollegin besonders gefiel, weil sie sich auch besonders
engagierte. Er hätte sich mir ihr vielleicht sogar eine Partnerschaft vorstellen
können. Doch als sie sich bei eine Demo irgendeinem anderen förmlich an den Hals
warf und mit ihm ein Abenteuer anfing, war er nur noch abgestoßen, nein, solche
oberflächlichen Beziehungen waren nicht seine Sache. Und als er dann irgendwann
einmal die passende Frau fand und heiratete, dann beschlossen beide, sich die
strengste Religion auszusuchen, damit ihr Kind einmal in einer weniger
oberflächlichen Welt aufwachse. (Diese Geschichte habe ich übrigens sehr oft im
Unterricht erzählt, natürlich hat sie mich in meinem Engagement schon immer
bestärkt...eine Sexualethik für ihre Kinder, die auch funktioniert, ja das ist
das, was Eltern suchen - und nicht nur die aus gebildeteren Schichten... Die
Leute suchen nicht Gott, sondern eine Unterstützung beziehungsweise ein Konzept
für die Erziehung ihrer Kinder, damit die Kinder nicht auch alle die Fehler
begehen {müssen], die sie selbst begangen oder von denen sie sonst wie erfahren
haben.)
Na ja, das sind jedenfalls für die „Wallfahrt“ angemessene Gespräche, ansonsten
hält sich das mit der Religiosität der Pilger wohl in Grenzen. Das kann man aber
eigentlich nicht den Pilgern vorwerfen, es ist durchaus auch das Problem der
spanischen Kirche, die ganz offensichtlich nach wie vor eine typische
Priesterkirche ist. Wenn ich allein an den klotzigen „Domherrenkasten“ (oder
auch Chor) mitten in der Kathedrale von Burgos (und nicht nur dort) denke, der
sozusagen das ganze Mittelschiff blockiert. Die Gemeinde spielt keine Rolle
mehr, und wenn, siehe später bei Ourense (allerdings: ich habe auch anderes
erlebt, da gaben sich Priester sehr viel Mühe mit dem Gottesidenst)...
Ja, was könnte man machen, um die Pilger auf religiöse Themen zu bringen oder
auch Themen, die irgendwie damit zusammenhängen, es muss ja nicht immer um Gott
gehen (siehe oben)? Die christliche Studentengruppe „Agape“, bei der ich im
vergangenen Jahr als Gast eingekehrt war, versucht so etwas. Sie haben auch in
diesem Jahr am Wegesrand einen Stand aufgebaut mit kurzen Traktaten in den
Sprachen der meisten Pilger, etwa einer an die Bibel angelehnten Geschichte,
dass ein wahrer Pilger der ist, der nach Hause zurückkehrt und auf seine
Umgebung im christlichen Sinn verändernd wirkt. Und dann versuchen sie, im
Zusammenhang mit ihrer Pilgerherberge in einem alten Bauernhaus Gespräche mit
und zwischen den Pilgern anzuregen. Ja, wenn es mehr in dieser Richtung gäbe?
Warum etwa ist von „Opus Dei“ nichts zu finden, schließlich heißt ja auch das
Hauptbuch von denen „Camino“, wohl in Anlehnung an den „Camino de Santiago“, als
den „Weg des heiligen Jakobus“, den die Pilger ja gehen? Das wäre doch eine
Gelegenheit, selbst wenn das eher provozierend wäre - doch würde das
möglicherweise andere anregen, auch etwas zu machen, durchaus auch als ein
„Gegenprogramm“? Etwa mich...? Ob ich „denen“ mal schreibe? (Eigentlich könnte
ich in meinem Haus in Bias auch eine Art Pilgerherberge aufmachen, ich habe
mindestens drei Pilger getroffen, die 50 m an meinem Haus vorbeigekommen sind,
doch das sind etwas zu wenige...)
Und dann war ja ein Zweck der Pilgerfahrt, dass ich jetzt die richtig
ausgefüllte „Compostela“ bekomme, mit meinem vollen Namen in Lateinisch. Wenn
ein Text lateinisch ist, dann gehören doch die Namen in derselben Sprache, in
Fall dieses Bestätigungstextes im Akkusativ, also Joanem Michaelem, Roswithas
„Sachbearbeiterin“ beim Pilgerbüro schrieb den Namen allerdings auf Deutsch...
(Ich finde das mit dem Namen in lateinischer Sprache absolut in Ordnung, mir
wurde allerdings von einem Deutschen berichtet, der darauf bestand, dass sein
Name nicht verändert werde, also in Deutsch sein müsse.)
Ach ja, mit der Betreuung der Pilgerherbergen. In der ersten Pilgerherberge, wo
wir in dem Ort (Mansilla de las Mulas) etwa 20 km vor Leon unser Auto stehen
ließen, wurden wir von einem älteren Herrn aus dem Rheinland empfangen, der
offensichtlich dort als Seele der Herberge seinen Lebensabend verbringt. Er
berät die Pilger und pflegt dann auch noch die Geranien in den Töpfen, die
überall an den Wänden des Innenhofs der Herberge hängen. Wir fanden das
wunderschön, und so haben wir uns auf dem Rückweg, als wir von Leon-Bahnhof
wieder zu unserem Auto radelten, noch bei ihm verabschiedet. In unserer nächsten
Herberge in Astorga betreute dann eine Studentin, die ansonsten hier in
Deutschland Dolmetscherin studierte, die Pilger. Und auch in anderen Herbergen
trafen wir immer wieder auf ehrenamtliche Helfer aus aller Welt, allerdings wohl
nicht immer aus religiösem oder religiös motivierten Anliegen heraus. (Natürlich
gibt es auch das Kloster, in dem italienische Mönche den Pilgern die Füße
waschen, doch das haben wir nicht erlebt, das war „vor unserem Weg“.)
Und welche Herbergen waren nun die guten und die weniger guten? Bald zu Anfang
trafen wir die Abiturientin Franziska aus Leipzig mit ihrer Mutter, einmal war
bei den beiden auch noch eine Österreicherin, und die beklagten sich, dass es in
den Pilgerherbergen zwar keine Läuse, aber doch Flöhe gebe, und sie seien
teilweise voller Flohstichen. Und da die Flöhe sich in der Kleidung und vor
allem auch im Schlafsack festsetzten, sollte man nach der Reise mit den Sachen
gar nicht erst ins Haus gehen, sondern entweder erst einmal alles kochen oder
tief gefrieren, denn das würden die Flöhe nicht vertragen. Ich hatte ja wie eher
üblich keine Stiche, doch Roswitha hatte welche, allerdings meinte sie, dass es
Mückenstiche seien. Jedenfalls war bei ihr nach einigen Tagen alles
verschwunden, also doch keine Flöhe, wie wir gleich vermuteten? Na, wir werden
ja sehen! Eine Gefahr seien auch die Schafsflöhe, erzählte uns der Betreuer aus
der ersten Herberge, vor ein paar Jahren seien alle Herbergen damit infiziert
gewesen, aber auch bisweilen die Hotels, die die Pilger aufsuchen (und das
können auch teurere Hotels sein, denn wenn man nichts Billiges bekommt, dann
muss man eben auch mal in ein teureres Hotels gehen). Diese Flöhe seien in die
Herbergen gekommen, weil Pilger bei schönen Wetter bisweilen auch draußen unter
freiem Himmel schlafen - und da die Schafsköttel herumliegen, kriegen sie eben
auch die Flöhe, die damit zu tun haben. Wenn wir solche Tierchen hätten, sollten
wir es gleich in den Herbergen sagen, man würde dann entsprechende Maßnahmen
ergreifen, dass wir sie los würden und dass wir auch nicht die Herberge
infizieren würden... Da wir aber nicht draußen geschlafen hatten (zumindest
nicht ohne Zelt und da gehen sie nicht rein, weil da Netze sind), gab es aber
keine Probleme.
Wir fanden eigentlich alle Herbergen gut, teilweise sogar sehr gut. Und so
richtig nach Massenbetrieb sah nur die Herberge in Gozo kurz vor Santiago aus,
wo allerdings nicht nur Pilger waren. Roswitha meinte, die Behausungen in Gozo
sähen aus wie KZ-Barracken. Doch war das Drum und Dran auch hier in Ordnung,
lediglich die italienischen Jugendlichen machten bei ihrer Abreise morgens doch
einigen Krach, das ist nun einmal so, wenn Gruppen unterwegs sind (wohl wegen
der üblichen Unruhe haben wir an einer Herberge ein Schild gesehen, dass Gruppen
keine Aufnahme finden. Das Schöne an den Pilgerei ist, dass die Pilger sehr
pfleglich mit den Einrichtungen in den Herbergen umgehen, auch in den Küchen
machen sie immer alles wieder sauber und es funktioniert auch alles, jedenfalls
wird ganz offensichtlich nichts mutwillig beschädigt. Oft ist der oder die
Herbergszuständige („Hosteleria“, wenn eine Frau) nur einige Stunden am Abend
da, um die Formalitäten der Gäste zu erledigen und den Obulus zu kassieren, doch
dann sind die Pilger sich selbst überlassen - und das klappt eigentlich ganz
prima. Neuere Herbergen sind oft von vornherein als solche gebaut, doch
bisweilen wurden auch alte Schulen oder ein paar alte Bauernhäuser dazu
umgebaut, oder es wurde ein Raum plus den sanitären Anlagen in einem alten
Kloster hergerichtet, oder in einer Schule, die noch in Betrieb ist. Die Betten
sind eigentlich immer zweistöckig, fast immer gibt es so ein paar Sprossen,
damit man hinaufklettern kann, doch in Bilbao fehlten acuh die, da müssen die,
die oben schlafen, also gut im Turnen sein. Na, ich hatte ja kurz vor der
Pilgerfahrt schon am Strand mit den beiden kleinen Mädchen geübt, allein aus
einem tiefen Loch, das wir gegraben hatten, heraus zu kommen, ohne es sonderlich
zu zerstören, es klappt immer noch... Wir haben es so gemacht, dass ich immer
oben schlief, Roswitha wusste, warum, sie erzählte mir nach der letzten Nacht in
Bilbao, dass sie mit Gepolter aus dem Bett gefallen war, wie gut, dass sie nicht
oben lag... Außerdem passiert es bisweilen, dass zwei Betten nebeneinander
gerückt sind, da ist es lustig, wer wohl in dem Bett neben einem schläft. Einmal
war das ein kleines Mädchen (aus Köln), sie fand es offensichtlich auch lustig,
wie ich ihr erzählte, wie ich heiße und dass sie mich schon fast schlagen müsse,
wenn ich nachts schnarche, damit ich aufhöre. Jedenfalls spürte ich nachts ihr
Ärmchen an meiner Brust - und als sie es nicht wegnahm, bog ich es nach einiger
Zeit sachte weg. Sie konnte sich am nächsten Morgen natürlich an nichts
erinnern. Doch als ich es ihr und ihrer Mutter und deren Freundinnen (da war
wohl eher eine Frauenpilgerfahrt) am nächsten Morgen erzählte, haben sich alle
gefreut. Ja, das ist das Schöne an der Santiagopilgerei, es ist alles ganz
anders als sonst, es wird alles irgendwie natürlich, menschlich genommen.
Und die sanitären Anlagen, eine für sehr viele Pilger sehr wichtige
Angelegenheit? Also ich war sowieso zufrieden, doch selbst meine kritische
Pilgergefährtin hatte keine Probleme, selbst wenn ein Wasserhahn nicht
funktionierte, doch da waren ja noch andere. Lustig fand ich in Astorga das
Gemeinschaftsbadezimmer mit einer großen Spiegelwand über den
Waschbecken (Toiletten und Duschen natürlich in Einzelkabinen). Jetzt weiß ich
auch, warum der Badezimmeraufenthalt bei den Frauen immer so lange dauert. Als
ich mich duschen ging, stand da ein Mädchen (wohl um die 20) und putzte ihre
Zähne - und als ich mit der Dusche fertig war, putzte sie immer noch, allerdings
gaaanz langsam. Na, das ist doch praktisch in Astorga, da ist „mit so etwas“
nicht immer gleich ein ganzes Badezimmer blockiert...
Gegessen haben wir ein paar Mal ein Pilgermenü in einem Restaurant, ansonsten
meistens Selbstverpflegung mit teilweise wunderbarem Brot (in der Gegend von
Santiago, ansonsten gibt es zumeist nur das Einheitsbaguetteweißbrot), dazu dann
Wurst und Käse (es gibt schönen Schnittkäse, teilweise auch vom Schaf),
bisweilen auch mit Tomaten und Oliven - und als Butterersatz „ditschte“ ich die
Brotbröckchen in ein Schälchen oder so was mit Olivenöl, ich hatte mir dazu
einen Liter in kleine Wasserfläschchen abgefüllt. Und mit dem Ribero-Wein (in
der Gegend von Santiago) schmeckte das ganz wunderbar! Bisweilen haben wir auch
Eier gebraten oder Bratwürstchen.
Die meisten Herbergen sind im Übrigen städtisch („municipal“) und bisweilen
umsonst (bzw. gegen Spende) oder gegen einen geringen Betrag von 3 oder 5 Euro,
doch gibt es auch private Herbergen, die dann um die 7 Euro kosten. Der Vorteil
dieser privaten Herbergen ist, dass es hier nicht so genau genommen wird, dass
man nur eine Nacht bleiben darf, und man kann sich auch morgens etwas mehr Zeit
lassen...
Pech hatten wir, dass die offiziellen Herbergen voll waren und auch die
günstigen privaten, so dass wir drei Mal eine teurere Unterkunft benutzen
mussten, einmal kostete das Hotel 50 Euro, ein andermal 30, allerdings fiel das
in Muxia (gesprochen „muchia“ mit „ch“ wie in „ach“ - am einen Ende der Welt“)
an, weil wir dort eine Nacht länger blieben, die Brandung um die Felsen, die wir
begehen konnten, war einfach zu faszinierend. Leider brauchte ich die Muscheln,
die ich am Verlängerungstag zwischen den Felsen fand, nicht zu sammeln, denn nur
in den Herbergen gibt es Kochgelegenheit...
Und die Leute, die wir sonst so trafen? Einige habe ich ja schon genannt. Sehr
netten Kontakt hatten wir dann noch mit Pjotr und Anja aus dem oberschlesischen
Industriegebiet, die auch mit Rädern unterwegs waren (obwohl ihre Fahrräder ganz
neu und für die Tour wirklich geeignet waren, hatten sie zunächst auch Probleme,
denn die Schläuche, die sie als Ersatz mitgenommen hatten, passten nicht). Wie
wir beim soundsovielten Treffen der beiden erfuhren (die, die sich auf die
gleiche Weise fortbewegen wie man selbst, trifft man immer wieder), war die
Pilgerfahrt ihre Hochzeitsreise, ist doch lieb, so etwas zu unternehmen.
Interessant war auch eine Familie aus Brüssel mit 5 Kindern gleich an unserem
Anfang, die drei ältesten waren Mädchen. Als wir sie nach unseren Reparaturen
überholten, ging da zuerst (von hinten gerechnet) die vielleicht 12jährige
allein, nach etwa 30 bis 50 m gingen die beiden Mädchen um 16 Jahre, und wieder
mit dem Abstand Mutter und Vater (kahlrasierter Kopf, allerdings mit Mütze oder
sonst einer Kappe) und mit einem Kind auf dem Rücken und eines in einem
geländetauglichen Kinderwagen. Wie ich am Morgen, als sie sich vor der Herberge
in Astorga von mir fotografieren ließen, erfuhr, machen sie auf diese Weise
zwischen 20 und 38 (?) km pro Tag - alle Achtung!
In der Herberge in Negreira sprachen wir mit dem sehr netten ehemaligen
Schreiner aus Nürtingen (Schwaben), der sich mit einem Abiturienten Max für den
Pilgerweg zusammen gefunden hatte - und schon seit Frankreich. Er erzählte von
seinen Erfahrungen mit fundamentalistischen Priestern und Gläubigen auf diesem
Weg, aber auch von einem spanischen Priester, der von seinem Bischof als
„Spezialist für die Moral“ bestimmt wurde, so etwas gibt es also dort. Und da
waren auch vier holländische Studentinnen aus Groningen, die in der kleinen
Küche ein komplettes Menü zubereiteten, ganz lieb, wie sie dann um einen kleinen Tisch in der Mitte
des Raums herum ihr Abendessen aßen. Als ich sie ansprach, woher sie kamen,
kreuzten sich die Blicke mit einer von ihnen und mir wurde etwas anders,
möglicherweise auch ihr, irgendwie schon toll, dass mir so etwas noch in meinem
Alter passiert. Ja, mit dem Mädel hätte ich mich schon etwas näher unterhalten mögen!
Doch das mit dem „besonderen Blickkontakt“ ging mir erst später auf, da hatte
ich wohl lange verdrängt. Jedenfalls ist das auch eine
Santiagopilgerwegerfahrung für mich, die mir so schnell gar nicht aus dem Kopf
gehen will! Vielleicht klappt ja einmal ein Kontakt, keine Angst, es geht auf
keinen Fall um eine Anmache, das ergibt sich schon aus meinem ganzen Engagement.
Doch es gibt ja auch andere Möglichkeiten des Kontakts. Und da ich sehe, dass
dieser Bericht ohnehin nie angeklickt wird, dass ich also gewiss keine
Privatsphäre verletze, gebe ich einmal die Namen der Studentinnen ein, sie
werden also etwa über google nur gefnden, wenn sie jemand gezielt sucht. Und
wenn eine von ihnen jemand auf dieser Seite gefunden hat und weiß ihre Adresse,
bitte sie benachrichtigen, damit es vielleicht zu einem Kontakt kommt! Ich
könnte ihnen etwa mein Buch über Pädagogik und Religion bzw. Ethik zuschicken,
vielelicht kommt es ja auch zu einem Gedankenaustausch. Die Namen sind: Nicole
v. Klink, Denise van Dife, Robin van Loeuwen, Laurie Kockenbier. Ich würde
mich jedenfalls über einen Kontakt freuen!
Abschluss der Fahrt war in Bilbao natürlich das Guggenheim-Museum, wir hatten
dafür noch Zeit am Vorabend von Roswithas Abflug. Ich war zwar schon mindestens
einmal drin, doch lohnt sich ein Besuch immer wieder, diesmal war das ganze Haus
auf Surrealismus ausgerichtet, also außer diesen riesigen Stahlplattengebilden
im Seitenflügel des Parterres, die (ich meine, es gelesen zu haben) von einer
Siegener Firma millimetergenau angefertigt wurden, war alles anders als bei dem
letzten Mal vor drei Jahren, als ich mit Martin aus Wien dort war.
Ansonsten einige Tipps für die, die auch den Pilgerweg planen:
Leider kamen die seidenen Betttücher (Seide, wegen des geringen Gewichts!), die
ich mir bei meinem Freund bestellt hatte, der Schneider ist und dem ich Seide
aus Vietnam mitgebracht hatte, die er allerdings nicht gebrauchen kann und die
sich daher für „so etwas“ anbietet, nicht rechtzeitig an, doch ich empfehle
genau so etwas. Denn gerade in den städtischen Herbergen werden die Unterlagen
auf den Matratzen (wenn es überhaupt solche gibt) offensichtlich kaum
gewechselt, weil damit gerechnet wird, dass die Pilger ohnehin in ihren
mitgebrachten Schlafsäcken schlafen. Doch ist es nicht jedermanns Sache, in
„komplett fremden Betten“ zu schlafen, selbst wenn sie eigentlich sauber sind,
ich habe gern „etwas Eigenes“ unter mir, zumal ich mich mit meinem Schlafsack
bei der Hitze oft nur zudecke. Und so ist es auch mit dem Kopfkissen, ich packe
dazu meinen Pullover immer sorgfältig zusammen und verstaue ihn in einer dieser
baumwollenen Einkaufstüten. Die kann man auch schnell waschen... Und
Waschgelegenheiten gibt es in jeder Herberge, denn es ist ja normal, dass die
Pilger immer wieder ihre eigenen Sachen waschen, man kann ja nicht alles für die
oft lange Strecke von einigen Wochen mitschleppen.
Auf alle Fälle ist sparsamstes Gepäck angesagt, selbst für Radfahrer! Und man
kann einiges sparen, etwa, wenn man an Shampoo nur die Menge mitnimmt, die man
wirklich braucht (man kann das Shampo in kleiner Fläschchen umfüllen), oder auch
kleinere Zahnpastatuben. Es ist erstaunlich, was da an Gewichtsersparnis
zusammen kommen kann. Und man muss ja auch bedenken, dass man Wasser und
Verpflegung mitschleppen muss, zumal es sehr oft in den Herbergen gar keine
Verpflegung gibt.
Diejenigen, die ans „Ende der Welt“ wollen, möchte ich darauf hinweisen, dass in
den Pilgerherbergen dort genauestens anhand der Stempel überprüft wird, ob sie
auch wirklich zu Fuß oder per Fahrrad gekommen sind, alle anderen gelten als
Touristen und die werden in den Herbergen nicht aufgenommen. Wer also nicht die
passenden Stempel von unterwegs hat oder auch mit zu kurzen Strecken, der gilt
als Tourist und kommt hier nicht in die Pilgerherbergen - selbst wenn er bis
Santiago 800 km zu Fuß gegangen ist und bis dahin alles nachweisen kann!
Ansonsten scheint alles nicht so genau überprüft zu werden, auf der Rückfahrt
haben wir zweimal Station in Pilgerherbergen gemacht, wobei wir die
zurückgelegten Strecken wegen der Länge eigentlich nur per Bahn oder Auto
zurückgelegt haben konnten.
Ach ja, im letzten Jahr machte ich auf dem Rückweg noch eine Nacht in Santiago
im „Seminar“ Station, also im Teil des Priesterseminars das für die Pilger als
Herberge umfunktioniert wurde, um dann mit dem Zug morgens um 6 30 Uhr nach
Astorga zu fahren. Aus einigen Gründen bot es sich allerdings an, nicht mehr in
Santiago Station zu machen, sondern bald nach der Ankunft in Santiago nach
Ourense weiter zu fahren und dort in der Pilgerherberge Station zu machen. Das
hat einige Vorteile; Man kommt aus dem Trubel in Santiago raus, die Herberge in
Ourense in einem alten Franziskanerkloster ist kleiner und persönlicher und
billiger (das „Seminar“ in Santiago soll jetzt 12 € kosten), man lernt noch eine
weitere Stadt kennen, der Zug fährt morgens zu menschlicher Zeit ab (8 43 Uhr),
man muss nicht ganz so lange an einem Stück Bahn fahren, und es kann sogar sein,
dass die Fahrt billiger ist, wenn man die Billets in zwei Etappen löst
(jedenfalls nach dem, was mir der Mensch an der Auskunft in Santiago sagte,
allerdings bezweifle ich das)... Ach ja, in Ourense machten wir noch einen
Bummel in die Stadt und kamen an einer Kirche vorbei, in der gerade
Rosenkranzgebet war. Also so etwas habe ich noch nicht erlebt. Nicht nur, dass
die Gemeinde (fast nur alte Frauen, noch krasser als bei uns) die Gebete absolut
durcheinander murmelte, jeder sprach das Gebet in seinem eigenen Tempo, so dass
man auch gar keine Worte ausmachen konnte, sondern auch, dass sowohl Priester
wie auch Gemeinde dem jeweils anderen Part immer ins Wort redete, also die
fingen mit ihrem Teil schon an, als der andere noch längst nicht mit seinem Teil
fertig war.
Und jetzt bin ich also wieder in meinem Haus in Bias am Atlantik. Sehr erstaunt
war ich, dass die Wiese schon fast grün war, es muss also im Gegensatz zu
Nordspanien hier viel geregnet haben. Auch war meine Regentonne voll und ich
konnte auch gleich mit Regenwasser die Wäsche waschen, nicht alles hatte ich
unterwegs gewaschen und hier war ja auch noch einiges.
Sehr beschäftigt war ich dann in den ersten Tagen nach meiner Rückkehr,
wenigstens so einigermaßen ein Netz für 220 Volt einzurichten, denn es hat sich
gezeigt, dass meine 12-Volt-Anlage zwar für mich ausreicht, aber nicht, wenn ich
Gäste habe. Vor allem H. braucht ordentlich Strom für sein „Schnarchgerät“, den
wir uns von der Nachbarin besorgen, und da betreiben wir gleich den Kühlschrank
mit und für die Kinder ihre Spielcomputer. Für meinen Mini-PC brauche ich auch
220 Volt und dann sind da noch die Akkuladegeräte für die diversen
Elektronikgeräte, die man heute so hat. Dafür würde zwar meine Solaranlage
reichen, doch braucht's eben Steckdosen. Und die Kabelverlegerei um das Haus
herum mit den vielen Steckverbindungen ist eben nicht das Ideale, daher habe ich
jetzt in den Räumen, die betroffen sind, wenigstens je eine Steckdose mit 220
Volt montiert, das ging über den Dachboden sehr gut, teilweise konnte ich auch
Kabel aus dem alten Supermarkt aufspüren und wieder verwenden. Es ist aber alles
eine Fummelei... Jedenfalls war das Wetter an zwei von drei Tagen seit der
Wallfahrt so, dass sich die Fummelei anbot...
Heute ist hier Feiertag, Mariä Himmelfahrt, ich war per Rad auf „unserem Weg
durch den Wald“ in Mimizan-Strand in der recht großen Kirche (die voll war, es
standen sogar hinten noch um die 30 Leute, die keinen Platz fanden). Nach einem
Strandaufenthalt habe ich dann Brombeeren gepflückt - ich habe meinen Gästen
versprochen, dass ich bei ihrem Besuch im nächsten Sommer genügend eigene
Brombeermarmelade da haben werde. Sie haben mir 4 kg Gelierzucker da gelassen,
damit ich anfangen kann, wenn die Brombeeren reif sind...
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