Ein paar Wort zur Santiagopilgerei

Ein paar Worte zur Santiagopilgerei ganz allgemein

Zuerst mal etwas Theoretisches:

Vielen Pilgern ist gar nicht mehr bewusst, dass der Camino kein normaler Wanderweg, sondern dass er ein religiöser Weg ist. Selbst wenn die Auffindung der Gebeine des Apostels Jakobus um das Jahr 820 mit Sicherheit Legende ist und daher die ganze Pilgerei auf wackligen Füßen steht, sollten wir dennoch nicht alles Religiöse dieses Wegs Quatsch finden, sondern den Weg zum Anlass nehmen, mal über Glauben und insbesondere christlichen Glauben, nachzudenken und auch, wenn sich die Gelegenheit bietet, zu reden. Ich stelle mich also, wenn es zu einem Gespräch mit Mitpilgern kommt, immer als Religionslehrer vor, und wenn ich merke, dass dies der Anlass zu einem Gespräch sein könnte, dann frage ich, ob es recht ist, wenn ich mal etwas über das Problem des historischen Jesus, also des wirklichen Jesus, erzählen darf. Und eigentlich immer darf ich damit anfangen. Auch komme ich darauf, dass der Weg („camino“) zum heiligen Jakobus eigentlich ein antiislamischer Weg ist, denn der heilige Jakobus wurde von den christlichen Spaniern angerufen, ihnen bei der Rückeroberung des weitgehend von Moslems besetzten Spanien zu helfen. Und der Sieg schließlich wurde auch dem heiligen Jakobus zugeschrieben, weil er in mythologischen Schlachten auf einem Schimmel erschienen ist und mitgekämpft hat. Nein, mir geht es nun nicht darum, auf die Moslems einzuschlagen oder sie zu vertreiben (das ist sowieso unrealistisch), doch ich denke, es ist eine Bekehrung zum Christentum durchaus möglich, schließlich war die Gesellschaft, in der Jesus vor 2000 Jahren wirkte, ja der heutigen moslemischen sehr ähnlich, jedenfalls ähnlicher als der unsrigen heute. (Ich denke nur an die abartigen Rechtsvorschriften, wie etwa zur Stei­nigung von „Sünderinnen“.) Mit unserem heutigen Glaubenskonzept (in der katholischen Theologie steckt viel mehr Aristoteles als Jesus) geht das gewiss nicht oder nur rudimentär . Ich möchte daher hier auf ein Konzept verweisen, dessen Basis der historische Jesus ist, so wie ich ihn sehe, weil er gut begründet und sehr plausibel ist. Schauen Sie doch mal in den Link hinein!

Und dann zum praktischen Teil des Pilgerns:

In gewisser Weise bin ich Minimalist, zumindest was das Gepäck betrifft, also so wenig wie möglich! Man muss alles dabei haben, trotzdem darf der Rucksack nicht zu schwer sein. Also versuche ich, Gewicht zu sparen, wo immer es geht. In meinem Necessaire sind entweder fast ausgedrückte Tuben oder überhaupt kleine Tuben (man kann Zahnpasta leicht aus einer großen Tube in eine kleine, die man schon länger hat, „umdrücken“), oder superkleine Döschen, in die ich etwas umfülle, etwa eine Creme für die Füße, die sich bei mir bewährt hat.

Als Schlafsack habe ich einen Ultraleichtschlafsack, wie es ihn im Frühjahr etwa bei Aldi gibt, ich habe noch die Kapuze abgeschnitten, die brauche ich nicht (natürlich habe ich die Schnittkante vernäht). Praktisch und sehr leicht finde ich die Einwegbetttücher, die es in manchen Herbergen gibt. Eine gute (die also einen guten Gummizug hat und auch bei unruhigem Schlaf auf der Matratze bleibt) nehme ich mit und benutze sie wieder, wenn es mal keine gibt.

Dann: keinen Pilgerführer in Buchform, sondern nur die passenden Kopien, etwa aus dem Internet, und vielleicht ein paar Zeitungsseiten mit Artikeln, die ich schon lange lesen wollte, bisher aber nicht dazu kam. Ein dünner Regenschutz muss dabei sein, denn es kann bisweilen heftig regnen, am besten einer aus dem China-Shop für unter 1 €, es ist ja nur für alle Fälle.

Ich habe auch immer etwas Wurst und Käse zum Essen dabei, man weiß ja nie, ob es etwas gibt – und auch ein wenig Brot. Statt Butter nehme ich Olivenöl, das ich in eine kleine Wasserflasche umgefüllt habe, irgendwie lässt ich das in Minischlückchen beim Essen trinken. Der Vorteil gegenüber Butter ist, dass die bei der Hitze schmilzt und dann alles versaut, das Öl ist sowieso flüssig.

Und mit dem Wasser: Da hat jeder seine Angewohnheiten. Doch die Angst, dass Wasser, das es unterwegs in Brunnen gibt, nicht hygienisch ist und man daher nur gekauftes Wasser trinken soll, ist m.E. Ziemlich unbegründet. Manchmal steht an Brunnen: „Nicht gechlort“ oder „Die Hygiene dieses Wasser wird nicht kontrolliert“, ich denke, das sagt gar nichts, dass das Wasser nicht gut ist – die müssen das eben schreiben. Ich erinnere mich an meine Kindheit in einem kleinen Dorf in der thüringischen Dorf nach der Flucht. Bei uns in der Straße stand ein Brunnen mit herrlichem Wasser. Die Kinder erzählten, dass das Wasser aus der Quelle am Fuß des Berges („Weinhaug“) in der Nähe stammt, also exzellent ist. Nach der Wende kam diese Wasserbewirtschaftung und das Dorf sollte von da ab für das Wasser bezahlen, das aus dem Brunnen lief. Da haben die Leute natürlich protestiert – und sie bekamen den Tipp, ein Schild dran zu machen „Kein Trinkwasser“ - und alles war klar. Das heißt also, wenn an irgendeinem Brunnen – gerade in gebirgiger Landschaft, wo es viel Quellwasser gibt – dran steht „Kein Trinkwasser“, so heißt das noch lange nicht, dass das Wasser kein Trinkwasser ist. Und wer hier misstrauisch ist, möge die Leute aus dem Dorf fragen. Ich schleppe also auch in Spanien fast nie Wasser mit, es gibt immer irgendwo Brunnen oder Quellen. Allerdings manchmal nehme ich dann doch etwas mit – nach Gefühl ….

Ein Problem sind auch die Schuhe. Also ich gehe in Sandalen, aber jeder hat da andere Gewohnheiten. Mit den Sandalen bin ich natürlich bergab nicht gut dran, doch soll ich wegen der paar Bergab-Stellen die ganze Zeit schwere Schuhe mitschleppen???

Und dann natürlich mein Smartphone, irgendwo gibt es immer WiFi, von wo ich Grüße an alle Welt schicken kann … Ich denke, manche meiner Freunde und Bekannten freuen sich auch.

Du brauchst natürlich auch einen Pilgerausweis, ein sogenanntes Credencial. Du erhältst es bei den Pilgerbüros in Deutschland, doch auch in den Pilgerherbergen, besonders in denen, wo Pilger oft den Weg anfangen. Sicherheitshalber kannst du hier auch ein selbstgemachtes ausdrucken und auf DINA6 falten. Wenn erst einmal die ersten Stempel drin sind, dann müsste das auch funktionieren: CREDENCIAL

Und hier mal "Die 10 Ge(h)bote des Pilgers", ich habe unterwegs einen Zettel damit gefunden:
1. Geh

Es gibt fürs Pilgern kein besseres Fortbewegungsmittel als das Sehen. Nur Sehen! Darum geht es.

2.Geh langsam
Setz dich nicht unter unnötigen sportlichen Uistungsdruck. Du kommst doch immer nur bei dir selber an.
3. Geh leicht
Reduziere dein Gepäck auf dos Nötigste. Es ist ein gutes Gefühl, mit wenig auszukommen.
4. Geh einfach
Einfachheit begünstigt spirituelle Erfahrungen, ja sie ist sogar die Voraussetzung dafür.

5. Geh alleine
Du kannst besser in dich gehen und offener auf andere(s) zugehen.

6. Geh lange

Auf die Schnelle wirst du nichts kapieren. Du musst tage-, wochenlang unterwegs sein, um dem Geheimnis des (Jakobs-)Weges allmählich auf die Spur zu kommen.
7. Geh achtsam

Wenn du bewusst gehst, lernst du den Weg so anzunehmen, wie er ist. Dies zu begreifen, ist ein wichtiger Lernprozess und braucht seine Zeit.

8. Geh dankbar

Alles - auch das Mühsame - hat seinen tiefen Sinn. Vielleicht erkennst du diesen erst später.

9. Geh weiter

Auch wenn Krisen dich an deinem wunden Punkt treffen, geh weiter. Vertraue darauf: Es geht, wenn man geht.

10. Geh mit Gott

Es pilgert sich leichter, wenn du im Namen Gottes gehst.
Wenn Gott für dich in weite Ferne gerückt oder inexistent ist, könnten dir die Ge(h)bote 1 - 9 helfen, das Göttliche in dir (wieder) zu entdecken.
Quelle:
Erhalten auf einem Zettel in der Kathedrale Le Puy-en-Velay
Autor: Bruno Kunz, Schweiz

Ich würde diesen 10 Ge(h)boten für Pilger noch ein elftes hinzufügen:
11. Geh geruhsam und rücksichtsvoll

Vergiss das Konkurrenzdenken und die Kilometerfresserei. Lass den Tag auf dich zukommen und fange ihn vor allem nicht mit einem Wecker an. Und wenn du deswegen morgens zu spät wegkommst: Es wird sich mittags oder abends bei der Quartiersuche schon eine Lösung ergeben.

Hierzu: Und wenn du schon beim Pilgern morgens von deinem Smartphone-Wecker geweckt werden willst, dann denke dran, dass auch andere von dieser Smartphonedudelei aufwachen, selbst wenn sie so tun, als ob sie weiter schlafen. Was du da tust, ist nun einmal kein Zeichen einer guten Kinderstube und äußerst unhöflich. Es gibt Armbanduhren von Casio mit Vibrationsalarm (nur 27 €, im Internet), der weckt dich auch sehr sicher und stört niemanden sonst!


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